Gerd W. Stolp im Interview

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Herr Stolp, das englische Wort „coach“ heißt „Kutsche“ und bezeichnet somit ein Vehikel, das einen Reisenden zu einem gewünschten Ziel bringt – inwieweit passt das zu Ihrer Tätigkeit?

Das passt wunderbar. Wie der Reisende sein Ziel bestimmt, so formuliert er dies auch zu Beginn des Coachings. Bei jeder Sitzung wird darauf geachtet, dass das Ziel im Visier ist. Natürlich kann es auch vorkommen, dass sich innerhalb des Coachings Veränderungen ergeben, die vom vereinbarten Ziel abweichen. Dann kann die Zielabsprache ergänzt oder verändert werden. Schließlich möchte der Coachee einen Erfolg erzielen und dafür sind definierte Ziele notwendig, deren Erreichung am Ende auch überprüft wird.

Um bei dem Bild des Kutschers zu bleiben: Wie der Coach kennt er die Strecke zum Ziel, hat sie schon unzählige Male erfolgreich zurückgelegt und beherrscht sein Fahrzeug bzw. Arbeitsmittel. Von dieser Erfahrung und Beherrschung der Mittel profitiert der Coachee. Aber als Kutscher kann ich einen Reisenden natürlich nur mitnehmen wenn dieser sich auf die Strecke einlässt und dem Kutscher vertraut. Darum ist Vertrauen die Basis überhaupt.

Sie sind sowohl Coach wie Berater und Trainer: wie stelle ich persönlich fest, was mir aus beruflichen Engpässen helfen kann?

Meist merken Sie es von selbst. Zum Beispiel wenn Sie über längere Zeit eine undefinierbare Unzufriedenheit spüren. Wenn Bilder und Gedanken unaufhörlich im Kopf kreisen. Wenn Sie sich energielos, über- oder unterfordert, visions- oder orientierungslos fühlen. Es entsteht ein Gefühl der Stagnation. Dennoch ist diese Unzufriedenheit entscheidend für die Bereitschaft zur Veränderung. Meist fragt man Bekannte und Freunde nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen.

Aber letztlich sammeln Sie dabei nur ein Potpourri verschiedener, persönlich gefärbter Ansichten. Effizienter ist die Hilfe von Experten, die man in anderen Lebensbereichen ja auch selbstverständlich anfragt, wie Handwerker zum Beispiel. Wenn also der Wunsch oder die Notwendigkeit zur Veränderung gegeben ist kann ein Training oder Coaching eine gute Lösung sein. In meiner Coachingpraxis erlebe ich es immer wieder, welche Motivation bei Menschen entsteht, wenn sie ihre eigenen Ressourcen wieder oder neu entdeckten und persönliche Stärken und Fähigkeiten real erfahren.

Sie setzen sich besser durch, sie gewinnen Lebensfreude zurück, haben Zielklarheit und können sich besser von unangenehmen Situationen abgrenzen, sie haben wieder ein klares Gespür für ihre Stärken und erleben durch gestärkte Ausgeglichenheit wieder deutlich mehr Lebensqualität.

Manche nehmen es begeistert an, wenn Ihr Unternehmen ihnen ein Business Training offeriert, andere fühlen sich damit vielleicht gegängelt – welche Vorurteile erleben Sie und wie gehen Sie damit um?

Das ist eine Situation, die immer wieder einmal vorkommen kann. Ein Mitarbeiter wird auf eine Weiterbildung geschickt und sieht den Sinn darin nicht. Ich nehme die zögerliche oder kritische Haltung eines Teilnehmers grundsätzlich ernst. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich Im Laufe eines Trainings oft die Einstellung verändert und anfängliche Widerstände abgelegt werden. Da alle meine Trainings einen hohen Praxisbezug haben, merken eingangs unwillige Teilnehmer sehr rasch, dass sie einen großen Nutzen daraus ziehen.

Nach einer zunächst skeptischen Haltung öffnen sie sich dem Thema, weil sie persönliche Erfolge spüren, die sie auch nach dem Training weiter bringen. Grundsätzlich kann man sagen: Unternehmen, die in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren, haben auch motiviertere Mitarbeiter.

In Ihrem Leistungsangebot bieten Sie Schülern, Eltern und Berufsanfängern auch das Thema „Werte in der Businesswelt“ – spielen diese in unserer „Geiz ist geil“-Welt noch eine Rolle?

Die Sehnsucht nach Werten haben wir im Grunde alle. Jeder möchte, dass er/sie und seine/ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Ein Unternehmen, das ohne Werte auskommen will, ist langfristig zum Scheitern verurteilt. Der Erfolg eines Unternehmens ist es immer geprägt von seiner Wertekultur. Schließlich will sich der Kunde mit dem erworbenen Produkt bzw. der Arbeitnehmer mit dem Unternehmen identifizieren. Gerade in Zeiten stetigen Wandels werden Werte immer wichtiger.

Wertegeführten Unternehmen gehört die Zukunft. Auch bei meinen Vorträgen an Schulen spüre ich, wie wichtig es Jugendlichen ist, zu wissen woran sie sind. Wenn ich sie frage, welche Werte ihnen wichtig sind, sind das genau die Werte, die auch bei Lehrern und Eltern hoch im Kurs stehen. Werte wie ethisches Verhalten, Respekt und Diskretion sind sowohl in der Arbeitswelt wie in meinen Trainings und Coachings von zentraler Bedeutung.

Sie sind mittlerweile 10 Jahre in diesem Berufsfeld in unterschiedlichsten Branchen erfolgreich: wie wichtig sind für einen Coach spezifische Branchenkenntnisse?

Wenn es um fachspezifische Themen geht, müssen Branchenkenntnisse vorhanden sein. Geht es um Themen wie Kommunikation, Kundenorientierung, Veränderungen usw., die branchenübergreifend sind, ist der Wunsch des Kunden oft, einen externen Trainer oder Coach zu Rate zu ziehen, der keinen fachlichen Tunnelblick hat, um neue Sichtweisen und Möglichkeiten zu erschließen. Natürlich muss ich mich als externer Berater, Coach oder Trainer auf das jeweilige Unternehmen einzulassen, und individuell aufgreifen, was relevant ist. Unter Berücksichtigung des Auftrags können das verschiedene Faktoren sein, wie z.B. die Branche, aber auch Strukturen und Arbeitsabläufe. Wer täglich in der branchenspezifischen Materie steckt, ist manchmal zu involviert, um weiterführende Möglichkeiten und Lösungen zu sehen. Das sieht man sehr gut im Gesundheitswesen. Der Patient möchte nicht mehr auf den „kranken, erduldenden Mensch“ reduziert werden, sondern als individueller Kunde ernst genommen und geschätzt werden.

Ein Patient ist heutzutage selbstbewusster und aufgeklärter als noch vor einigen Jahren. Seinen Aufenthalt in einer Klinik möchte er serviceorientiert erleben und nicht als Bittsteller. Diesen Herausforderungen müssen sich die Verantwortlichen stellen um auch in Zukunft am Markt zu bleiben. Ein anderes Beispiel. Ich arbeite sehr viel mit Entwicklern, Ingenieuren mit einer hohen fachlichen Kompetenz. Diese Berufsgruppe ist heute ganz anderen Herausforderungen ausgesetzt. Von ihnen wird heute verlangt, mit dem Kunden Verkaufsgespräche zu führen, den Nutzen eines Produktes aufzeigen, eigene Interessen durchsetzen usw. Hier hilft kein technisches Fachwissen. Hier geht es zum Beispiel darum Fähigkeiten zu fördern, die dem Kundengespräch gut tun.